Recht vor der Kamera: Als Komparse bei einer Filmproduktion - Teil I

          Als ich während des Sommers als Komparsin am Set einer von Deutschlands prunkvollsten (und teuersten) Serien, die sich momentan in der Produktion befinden, tätig war, hatte ich die Möglichkeit, einige rechtliche Problemstellungen zu identifizieren, die sich dann ergeben könnten, wenn Nebendarsteller aus dem Ausland eine ähnliche Beschäftigung in den U.S.A. anstreben.

           Nachdem ich im Rahmen dieser Produktion für zwei Rollen gecastet wurde (eine Nonne und eine Passantin), nahm ich Anfang Juli einen Schnelltest vor und ging zu einer Kostümprobe. Der Berliner Mittelstand kleidete sich im Jahr 1931 in keinem allzu extremen Stil und beide Kostüme waren glücklicherweise ziemlich komfortabel, obwohl sie jeweils aus mehreren Schichten bestanden. Der Arbeitstag sah 2 Stunden Arbeit mit einer pauschalen Vergütung von 20 € vor, dauerte aber letztendlich fast drei Stunden, weshalb es für die unvollständige dritte Stunde 10 € hinzu gab. Und da ich zudem letztlich ebenfalls einen Haarschnitt verpasst bekam, der bei circa 4 cm als „substanziell“ eingeschätzt wurde, erhielt ich noch einmal eine Gehaltsanpassung um weitere 20 € (und Wasserwellen noch dazu, welche ich mir immer gewünscht hatte).

           Ich war für einen Tag am Set eingeplant (einen Dienstag) und die Anfrage für den Dreh sah fest vor, dass wir den ganzen Tag verfügbar sein sollten. Leider hatte ich die Woche vor dem Dreh auf dem Bahnsteig der S-Bahn einen Unfall, durch den ich mir einen Knochenbruch im Zeh zuzog. Doch solange dieser mit einem Verband sicher fixiert blieb, waren mir alle gewöhnlichen Aktivitäten gestattet. Am Drehtag verließ ich also kurz nach 5:30 Uhr meine Wohnung, um vor 7:30 Uhr in Potsdam am Set einzutreffen.

           Die Szenen mit den Passanten wurden zuerst gefilmt, weshalb ich nicht die Nonnenschuhe, sondern ein anderes, weniger bequemes Paar tragen musste, die für meinen armen Zeh nicht ideal waren. Ich schaffte es dennoch, Aufnahme für Aufnahme dieselben Routen zu laufen, als Erstes durch „Mitte”, danach durch den „Wedding“, bis eine Produktionsassistentin mir sagte, dass sie an diesem Tag meine Rolle als Nonne nicht aufnehmen würden und ob ich am Folgetag bitte zurückkommen könnte. Da ich mir freinehmen musste und zugleich Probleme mit dem Zeh hatte, war ich nicht begeistert, die Erfahrung zwei Tage in Folge zu wiederholen, aber mir wurde erklärt, dass diese Rolle wichtig sei, da es nur zwei Nonnen gab und ich bereits eine Kostümprobe hatte. Deshalb richteten wir es so ein, dass ich an diesem Tag früher gehen könnte, wenn ich am nächsten Tag zurückkommen würde. Und nachdem mir ein reichliches Mittagessen bereitgestellt wurde, zog ich mich also um und verließ das Set. Ich fand später heraus, dass der Dreh an diesem Tag erst gegen 21:00 Uhr abgeschlossen wurde.

           Am nächsten Tag ging ich noch früher aus dem Haus (um 4:30 Uhr), um ab 6:30 Uhr auf Abruf verfügbar zu sein. Es war ein wenig ärgerlich, als ich bei der Ankunft herausfand, dass sie die Nonnenszene erst am Nachmittag drehen würden, obwohl sie mich für den Morgen einberufen hatten. Also stellte die Nonnenrolle sich letzten Endes als doch nicht so unverzichtbar heraus und der frühmorgendliche Trott sowie die verlorene Arbeitszeit waren nicht wirklich notwendig. Gut, was soll’s. In jedem Fall bekam ich ein Paar neue Schuhe, welche die Schusterin am Set etwas weiten konnte, um meinen geschwollenen Zeh komfortabel unterzubringen. Ich wurde auch gefragt, ob ich auf einem Fahrrad fahren möchte. Auf diese Frage ist die richtige Antwort immer „Ja”, weshalb ich letzten Endes Spaß haben konnte und einen kostbaren Sitzplatz bekam, um meinen Fuß nebenher ausruhen zu können.

           So setzte sich ein weiterer Morgen aus wiederholten Aufnahmen derselben Straßen der Weimarer Republik fort, bei denen man denselben Menschen zunickte, in dieselben Straßen abbog und denselben Old-Timer-Fords auswich. Es war bemerkenswert, wie es das Personal schaffte, uns alle so zu positionieren, dass ein maximaler Bewegungsfluss geschaffen wurde.

           Nach einem weiteren Mittagessen (an beiden Tagen auch an Vegetarier angepasst) sprach ich mit dem entsprechenden Personal ab, wieder gehen zu dürfen. Nachdem ich erwähnte, dass mir bereits vorher die Erlaubnis erteilt wurde, lief dies reibungslos ab, aber es wäre höchst interessant zu erfahren, wie dieser Vorgang ausgesehen hätte, wenn jemand unerwartet gehen müsste.

           Doch man wurde üblicherweise ganz fair behandelt. Zahlreiche Mitarbeiter machten die Runde, um Wasser zu verteilen, und es wurden Snacks sowie Mittagessen bereitgestellt. Das Wetter war zwar ziemlich heiß für eine Berliner Winterbekleidung, aber es standen Kühlkissen zur Verfügung. Ich wurde für jeden Schritt auf dem Weg entlohnt (96 € pro Tag für die Aufnahme und Zuschläge in Höhe von 20 € für Mitwirkungen wie z. B. einen Haarschnitt, einen COVID-Test und sogar die Fahrtkosten) und ich hatte das Geld innerhalb von 30 Tagen auf meinem Konto. Vielleicht ist das nur mein amerikanischer Zynismus, aber die Bedingungen waren im Allgemeinen ziemlich human.

          Die rechtlichen Problemstellungen, welche deutsche oder EU-Staatsbürger eventuell erwarten würden, die eine ähnliche Arbeit in den U.S.A. anstreben, ist etwas, das ich in meinem nächsten Beitrag erörtern werde.

Zurück
Zurück

Recht vor der Kamera: Als Komparse bei einer Filmproduktion - Teil II

Weiter
Weiter

Nicht alle Gerichtsverfahren laufen gleich ab